Autopilot

Ein Autopilot ist eine hochkomplexe Regeleinrichtung. Nicht jeder wird mit der Einstellung, die von der Werft vorgenommen wurde, oder die ein Vorgänger auf einem gecharterten Boot hinterlassen hat, zufrieden sein. Bei ruhiger See funktionieren viele Einstellungen einigermaßen zufriedenstellend. Schwierig wird es, wenn Seegang und Wind zunehmen und auch der gefahrene Kurs einige Schwierigkeiten bereithält. Dann steigen schlecht eingestellte Autopiloten schnell aus und man muss wieder selbst Ruder gehen. Wie funktioniert ein Autopilot eigentlich und wie ist er einzustellen? Das wollen wir uns nachfolgend etwas genauer ansehen.

Zu Beginn einer Einstellung im Hafen müssen die Quellen festgelegt werden, mit denen der Autopilot arbeiten muss. Das sind der Kompass, das Log und der Ruderlagengeber. Für die Quellensuche steht in der Regel eine Automatik zur Verfügung. Danach muss der Autopilot kommissioniert, d. h., an das Boot angepasst werden. Hier wird nach der Spannung 12 V oder 24 V gefragt, mit welcher der Antriebsmotor arbeitet. Die Höhe der zu bewilligenden Antriebsleistung in Prozent muss angegeben werden und auch die Länge des Bootes. Ist das erledigt, muss der Ruderantrieb eingestellt werden. Dazu muss das Ruder bis zum mechanischen Anschlag zunächst auf hart Steuerbord und dann auf hart Backbord gebracht werden und es werden die Winkel für diese Rudereinstellungen eingegeben. Das sind bei den meisten Booten jeweils 45°. Danach folgt eine Bestätigung der Rudermittelstellung. Das Ganze wird mit einem Rudertest abgeschlossen, wobei der elektrische Antrieb das Rad einmal automatisch bewegt.

Nachdem das alles erledigt ist, folgt die Seeerprobung. Die dient zur Einstellung der Parameter Ruderverstärkung und Gegenruder. Dafür gibt es meist eine automatische Routine, in der sich der Autopilot anhand einiger S-Kurven die optimalen Einstellungen selbst sucht. Die Einstellung des sogenannten Auto Trimm in Sekunden muss anschließend manuell vorgenommen werden. Einigen Quellenangaben zufolge soll dazu die Zahl der in Fuß gemessenen Schiffslänge das richtige Maß sein, doch wir werden sehen. Im Großen und Ganzen ist damit die Einstellung gemäß Handbuch erledigt. Im Segelmodus können dann noch ein paar mehr Einstellungen gemacht werden, z. B., wie das Boot auf Windböen reagieren soll.

Doch bald wird man feststellen, dass das Ruder nach beiden Seiten um eine viertel Umdrehung oder sogar mehr hin- und her pendeln kann, was bei manueller Steuerung mit einer Handbreit Ruderbewegung zu erledigen ist. Die vorgenommenen Abstimmungen scheinen also nicht optimal gelungen zu sein und bewirken mit der Zeit dann auch einen hohen Verschleiß an allen mechanisch bewegten Teilen. Deshalb soll nachfolgend die Funktion eines Autopiloten näher erklärt werden. Nur wenn man weiß, was sich hinter den einzelnen Einstellparametern, wie Verstärkung, Gegenruder oder Auto Trimm verbirgt, kann das zu einer individuell optimalen Einstellung führen.

 

Ein Autopilot ist eine Regeleinrichtung

Eine Regeleinrichtung muss man sich als Blackbox vorstellen, die ein Eingangssignal e geliefert bekommt und daraus ein Ausgangssignal u produziert. Hierbei ist das Eingangssignal e die Differenz zwischen einem Soll-Kurs und dem Ist-Kurs, also eine Kursabweichung, und das Ausgangssignal u ist eine elektrische Spannung zum Antrieb des Rudermotors, der den beabsichtigten Kurs einstellen soll.
In der Blackbox arbeiten drei verschiedene unabhängige Signalwandler als Reglerkomponenten parallel. Das sind:

1. P-Regler oder Verstärker mit der Funktion:

    \[u_1=G_P\cdot e\cdot\]

2. D-Regler oder Gegenruder mit der Funktion:

    \[u_2=T_D\cdot\frac{de}{dt}\cdot\]

3. I-Regler oder Auto Trimm mit der Funktion:

    \[u_3=\int\frac{e}{T_I}\cdot dt\cdot\]

Die Stellspannung u für den Ruderantrieb ist die Summe der Teilspannungen und zwar u=u_1+u_2+u_3.

Regler dieser Art werden als PID-Regler bezeichnet. Sie sind auch in industriellen Regelprozessen recht häufig anzutreffen. Das P steht für proportional, das I für integral und das D für Differential. Wir wollen uns jetzt erstmal anschauen, wie die drei Reglerkomponenten im Einzelnen auf eine Kursabweichung reagieren.

P-Regler: Unter Verstärkung, hier die Ruderverstärkung mit dem Verstärkungsfaktor GP, wird allgemein die proportionale Vervielfachung eines schwachen Wertes verstanden. Verstärkungsfaktoren können aber auch kleiner als 1 sein. So könnte man sich vorstellen, dass eine P-Regler Komponente mit einer Verstärkung von GP = 0,5 nur die Hälfte der erforderlichen Stellgröße u zur Verfügung stellt.
Gibt es also eine Kursabweichung, beispielsweise dadurch, dass ein neuer Kurs vorgegeben wurde, dann reagiert der Ruderantrieb zunächst mit 50% einer vorgegebenen Kraft. Wenn der neue Kurs zur Hälfte hergestellt ist, dann wirken nur noch 25% dieser Kraft und die geht dann weiter bis zum Erreichen des neuen Kurses proportional gegen null. Wenn schließlich der Sollkurs erreicht ist, kann der Ruderantrieb keine Kraft mehr aufbringen. Das ist ein Nachteil eines reinen P-Reglers. Sobald der Sollwert hergestellt ist und auch schon kurz davor, hat er keine Stellkraft mehr. Das Ergebnis bei einem Boot wäre eine verbleibende Kursabweichung. Autopiloten erhöhen die Verstärkung, wenn die Bootsgeschwindigkeit durchs Wasser sinkt. Doch auch eine höhere Verstärkung kann diesen Effekt der bleibenden Regelabweichung nicht verhindern.

Es gibt aber noch ein weiteres Problem. Boote reagieren träge. Ist eine Drehung des Bootes mit einer anfangs noch hohen Ruderantriebskraft erst mal angestoßen, dann dreht das Boot auch ohne Ruderantrieb ein Stück weiter, selbst wenn die Verstärkung, wie im vorigen Absatz beschrieben, bereits klein oder null geworden ist. Diese Trägheit kann mit einem D-Regler, beim Autopilot nennt man ihn Gegenruder, abgebremst werden.

D-Regler: Beim Gegenruder handelt es sich um eine differentielle Komponente, die mit de/dt gekennzeichnet ist. Beide Buchstaben d in diesem Quotienten kann man sich als Delta im Sinne von Änderung vorstellen, dann bedeutet dieser Quotient Kursänderung Δe pro Zeiteinheit Δt oder einfach – Kursänderungsgeschwindigkeit. Wie intensiv die Kursänderungsgeschwindigkeit, also das Differential de/dt sein soll, wird mit der Vorhaltezeit TD vorgegeben.
Damit kann ein D-Regler keine Kursänderung bewirken, weil ein D-Anteil erst durch eine solche entsteht. Während einer, beispielsweise durch eine Welle, hervorgerufenen Bootsdrehung aus dem Kurs heraus ist der D-Anteil positiv und versucht diese Kursänderung zu bremsen, so wie auch der P-Anteil positiv ist, wenn das Boot aus dem Kurs geworfen wird und eine Ruderkraft zur Kursrückstellung entfaltet. Der D-Anteil ist jedoch flüchtig und nicht mehr vorhanden, wenn eine Kursänderung endet. Der P-Anteil ist dagegen nicht flüchtig und beginnt mit der Wiederherstellung des Kurses, also eine Drehung in die entgegengesetzte Richtung. Diese Rückwärtsdrehung erzeugt nun wieder einen D-Anteil, der diesmal jedoch negativ ist und dem P-Anteil entgegenwirkt. Daraus entstand der Begriff Gegenruder. Sein Zweck ist es also, trägheitsbedingte Schiffsdrehungen zu reduzieren oder ganz aufzuheben. Das gelingt durch Abstimmung von P-Anteil und D-Anteil recht gut und kann bei fast allen Autopiloten im Rahmen einer Seeerprobung automatisch durchgeführt werden.
Dieses Zusammenwirken von Ruderverstärkung und Gegenruder beseitigt jedoch nicht die bleibende Regelabweichung. Sobald der Kurs einigermaßen stimmt, ist der P-Anteil nahezu null und das Ruder damit kraftlos und der D-Anteil ist sowieso am Ende jeder kleinsten Schiffsdrehung wieder verschwunden.

I-Regler: Hierbei handelt es sich um eine integrale Komponente. Das Integralzeichen ∫ ist ein stilisiertes Summenzeichen, ein großes S für Summe. Das dt kann man sich auch hier wieder als ∆t vorstellen, so z. B. als kleine Zeiteinheit Millisekunde. Dann ist das Integral u3 eine Summe, die in jeder Millisekunde den Quotienten aus aktuell bestehender Kursabweichung und Nachstellzeit TI fortlaufend kummulierend addiert. Sobald also der Sollkurs wieder stimmt und damit e = 0 ist, kann das Integral nicht weiter anwachsen. Sein bis dahin kummulativ angesammelter Wert – das Integral – ist allerdings nicht verschwunden und wird das Boot über den Sollkurs hinaus weiter drehen, was dann sofort eine Kursabweichung zur anderen Seite bewirkt.

Da sind wir jetzt bei dem Grundproblem des I-Reglers im Autopiloten, denn ein Boot mit einem Ruder ist gleichsam eine I-Strecke, und ein I-Regler kann eine I-Strecke nicht regeln. Was aber kennzeichnet eine I-Strecke?

Ein Regelkreis besteht aus einer Regeleinrichtung und einer Regelstrecke, die es zu regeln gilt. Eine I-Strecke ist dadurch gekennzeichnet, dass im eingeregelten Zustand keine Stellgröße mehr wirken darf. Genau das war hier aber nicht gegeben und führte zum Überschwingen. Eine I-Strecke unterscheidet sich fundamental von anderen Regelstrecken, die im eingeregelten Zustand eine bestimmte Stellgröße brauchen, z. B. eine bestimmte Ventilstellung für eine bestimmte Brennstoffzufuhr. Das wäre dann eine P-Strecke, weil die Brennstoffzufuhr proportional zur Ventilstellung ist.

Ganz anders ist das bei einem Motorboot. Hier ist die Stellgröße die Ruderstellung und die muss zum Einhalten des Sollkurses null sein, also eine Geradeausstellung aufweisen. Jede noch so kleine Stellgröße würde sofort Kreisfahrten erzwingen. In der Praxis würde dann eine kleinste Kursabweichung z. B. nach Steuerbord ein Intergral aufbauen, mit dem das Boot dann wieder auf Kurs gebracht werden soll. Der Aufbau dieses Integrals endet allerdings erst dann, wenn das Boot wieder vollständig auf Kurs ist und sein Wert verschwindet jetzt nicht einfach. Er ist stark genug, das Boot jetzt nach Backbord zu drehen, was eine erneute aber entgegengesetzte Kursabweichung bewirkt. So geht das dann weiter und sehr schnell entstehen daraus periodische Schwingungen. Das Boot wird immer stärker werdende S-Kurven fahren.

Nach den Gesetzen der Systemtheorie kann ein I-Regler eine I-Strecke gar nicht regeln. So ein System gilt mathematisch als instabil, bei dem sich Schwingungen aufschaukeln müssen. So funktionieren Oszillatoren. Nur ein zusätzlicher P-Regler kann die systemimmanente Instabilität von I-Regler und I-Strecke dämpfen. Ein Regelkreis ist stabil, wenn das sog. Nyquist Kriterium eingehalten ist. Bei ruhiger See ist das kein Problem, weil alle Einwirkungen noch linear erfolgen. Bei grober See treten jedoch zunehmend Unlinearitäten auf, hervorgerufen durch Krängung, Ruderbegrenzungen und äußere Einwirkungen, für die der Regelkreis keine ausreichenden Stabilitätsreserven mehr besitzt. Er wird instabil und das Boot fährt nur noch S-Kurven. Der Punkt, an dem die Instabilität beginnt, ist mit den Einstellungen des Autopiloten beeinflussbar. 

Ein Segelboot hat den besonderen Vorteil, dass es einen bestimmten Ruderdruck aufrecht erhalten muss. Im eingeregelten Zustand muss deshalb die Stellgröße, seine Ruderstellung, nicht null sein. Das entschärft die Wirkung des I-Reglers ein wenig, der nun gemeinsam mit dem P-Regler eine Stellgröße bereitstellen kann. Kleinste Kursabweichungen, bei denen der P-Regler aufgrund seiner Charakteristik überhaupt nicht reagieren würde, bewirken jedoch eine Änderung des Intergrals und damit eine Kurskorrektur. Wie schnell sich das Integral dabei ändern kann, wird mit der Nachstellzeit TI vorgegeben. Die ständige Regelabweichung des P-Reglers wird damit beseitigt. Genau das sollte und dürfte die eigentliche und einzige Funktion des I-Reglers sein, zumindest beim Fahrtensegeln.

 

Die Funktion der Regler

Eine Kursabweichung durch eine Welle z. B. nach Steuerbord setzt alle Regler in Betrieb. Der P-Regler verstärkt seine Rückstellkraft je größer die Abweichung wird, der D-Regler will ebenfalls auf den alten Kurs zurückstellen, kann das aber nur solage tun, bis die Bootsdrehung aufhört. Dabei wirkt er umso heftiger, je schneller das Boot aus dem Kurs dreht. Der I-Regler beginnt mit dem Aufbau einer Rückstellgröße, indem er z. B. in jeder laufenden Millisekunde die aktuelle Kursabweichung – jeweils dividiert durch die eingestellte Nachstellzeit TI – aufaddiert. Sobald der Sollkurs wieder hergestellt ist, verschwindet der P-Anteil. Der I-Anteil hat zuletzt zwar kaum noch etwas dazuaddieren können, kann aber, je nach eingestellter Nachstellzeit TI und Dauer der Kursabweichung, ziemlich groß geworden sein. Damit dreht das Boot nun weiter über den Sollkurs hinaus nach Backbord.

Dieses Überschwingen ist völlig normal, wird jedoch bei einigermaßen ruhigem Wetter sofort vom D-Regler gebremst und auch der P-Regler baut eine steigende Rückstellkraft auf, je weiter das Boot durchschwingt. In dieser ganzen Zeit, in der P- und D-Regler das Durchschwingen abbremsen, muss der I-Regler sein Integral abbauen können und er muss darüber hinaus sogar noch eine Rückstellgröße nach Steuerbord aufbauen, damit das Boot wieder zurück auf Kurs kommt. Es wird dann zwar wieder etwas durchschwingen, aber diesmal nur sehr wenig. Bei richtiger Einstellung der drei Regler werden die Schwingungen normalerweise ganz schnell abklingen.

Das Alles hat jedoch Grenzen. War die Kursabweichung durch Wind und Welle zu groß und die Dauer der Kursabweichung zu lange, weil das Ruder durch zu große Krängung an Wirkung verloren hat, dann wird der I-Anteil, das Integral zur Rückstellung, übermäßig groß werden. Die Folge ist ein sehr starkes Durchschwingen des Bootes auf die andere Seite, das von den anderen Reglern nicht mehr abgebremst werden kann. Das Boot wird daraufhin enorm große S-Kurven fahren und sich nicht wieder beruhigen. Die Autopilot-Steuerung ist instabil geworden. Hier hilft nur noch ein Auskuppeln des Autopiloten auf Standby, wodurch das Integral auf null gesetzt wird. Nach manueller Wiederherstellung des Kurses kann dann der Autopilot wieder eingekuppelt werden.

 

Fazit

Man liest immer mal wieder, dass ein Autopilot besser steuern kann, als ein Rudergänger. Um dieses zu erreichen soll eine ganze Woche Einstellarbeit nötig sein, es soll sich aber lohnen. Auch ich habe lange mit den drei Komponenten P, I und D herumexperimentiert. Schließlich musste ich feststellen, dass diese Aussage gar nicht stimmen kann. Es gibt einfach zu viele verschiedene Konstellationen von Kurs, Wind und Seegang, die mit einer einzigen Einstellung nicht abzudecken sind. Außerdem werden alle möglichen Konstellationen innerhalb einer Woche niemals angetroffen.

So habe ich mich mit der Theorie der Regelungstechnik auseinandergesetzt und erst dadurch ein zufriedenstellendes Arbeiten meines Autopiloten erreichen können. Ganz entscheidend ist dabei – wie kann es nach den vorstehenden Ausführungen auch anders sein – die Vorgabe der Nachstellzeit. Diese soll, so ist oft zu lesen, 60 Sekunden oder der Länge des Bootes in Fuß betragen. Mit dieser Einstellung war mein Autopilot jedoch sehr unruhig und verschleißfördernd unterwegs und ich war besonders auf Kursen vor dem Wind oft gezwungen manuell zu steuern.

Als Fahrtensegler hat man aber Zeit. Da muss der Kurs nicht innerhalb einer Sekunde korrigiert sein. So habe ich in der Seeerprobung zunächst eine automatische Abstimmung von Verstärkung und Gegenruder vorgenommen. Das Ergebnis war dann eine Verstärkug von GP = 0,49 und eine Vorhaltezeit von GD = 1,7 s. Man kann diese automatische Abstimmung auch mehrmals durchführen, erhält aber meist Ergebnisse, die nicht stark voneinander abweichen. 

Für die Einstellung der Nachstellzeit habe ich nichts Brauchbares im Netz finden können. Alle Angebote in dieser Richtung fielen nach Tests bei mir durch. Vor allem irritierte mich bald der Begriff Auto Trimm, den B&G für die Nachstellzeit verwendet. Das scheint einfach nur ein nichtssagender Werbe-Terminus zu sein, denn da wird gar nichts automatisch abgestimmt oder gar vom Autopiloten gelernt. Auto Trimm ist einfach nur ein Koeffizient, der die Geschwindigkeit vorgibt, mit der sich das Integral verändern soll, so dass es mit den beiden anderen Komponenten des Reglers auch bei ungünstigen Seegangsverhältnissen optimal zusammenarbeitet. Man muss die Nachstellzeit allerdings manuell vorgeben.

Ich nutzte dafür den Zustand des Geigens vor dem Wind, denn alle anderen Zustände kann ein Autopilot (und auch ein menschlicher Rudergänger) besser beherrschen. Bei einer Nachstellzeit von 60 s dauerte es nicht lange, bis die Ruderausschläge immer größer wurden und das Boot schließlich S-Kurven fuhr. Grund: Nach jeder Kursabweichung wurde ein zu großes Integral erzeugt, das nach dem Durchschwingen des Bootes auf die andere Seite nicht mehr abgebaut werden konnte. Das hörte zunächst auf, nachdem ich 200 s einstellte. Doch als der Wind dann zunahm, ergab sich bald wieder eine Instabilität. Als die See dann noch rauer wurde, konnte die Instabilität immer nur durch eine weitere Erhöhung der Nachstellzeit beseitigt werden. Ich kann diese in meinem Boot bis auf 800 s einstellen. Letzlich bin ich jedoch auf 400 s geblieben.

Eine so große Nachstellzeit besagt nicht unbedingt, wie lange eine Kurskorrektur oder Kursänderung dauert. Es ist letzlich nur ein Koeffizient, der die Geschwindigkeit zum Auf- und Abbau des Integrals vorgibt und damit die Geschwindigkeit zum Ausgleich einer ständigen Regelabweichung des P-Reglers. Mit dieser Einstellung von TI = 400 s wird eine neue Kursvorgabe zu 90% in weniger als etwa 3 bis 4 Sekunden erreicht. Der Rest dauert dann etwas mehr. Auf langen Strecken bleibt der Kurs damit absolut stabil, und das Ruder steht nahezu still. Nach einer größeren Kursänderung, wenn die 10° Taste z. B. viermal gedrückt wird, kann es in Abhängigkeit von Wind, Kurs und Seegang passieren, dass der Autopilot instabil wird und S-Kurven gefahren werden. Dann muss man den Autopiloten auskuppeln, den Kurs manuell herstellen und den Autopilot wieder einkuppeln. Danach bleibt das Ruder meist wieder wie festgenagelt stehen.

Man muss also konstatieren, dass ein elektrischer Autopilot unmöglich so eingestellt werden kann, dass er in jeder denkbaren Situation stabil (ohne Schwingungen) arbeitet. Weil die Regelstrecke ein I-Strecke ist, werden die stabilsten Einstellungen mit der größtmöglichen Nachstellzeit erreicht. Eine große Nachstellzeit bewirkt allerdings ein träges Ruderverhalten. Somit sind die Einstellungen auch vom individuellen Empfinden abhängig.