Ibiza Teil 1

1. Juni 2018, Ablegen in Alicante

Der Mietwagen wurde zurückgebracht und es ging nochmal in die Stadt ins Restaurant. Eine Stunde Arbeit war noch nötig dann war das Schiff fertig zum Auslaufen. Der Rollschlauch wurde von der Fock genommen und verstaut, der Bullenstander wurde angeschlagen und die Gangway abmontiert und verstaut. Um 16:00 Uhr konnte mit Ziel Formentera abgelegt werden.

Mit nur zwei Personen muss man das Ablegen entsprechend planen. Mit Maschine rückwärts ging es so weit an den Steg zurück, dass eine Person ohne die bereits abgebaute Gangway zu benutzen absteigen und die Heckleinen auf dem Steg ordentlich annehmen und zusammenlegen konnte. Die Moorings waren elastisch genug dafür. Nachdem diese Person, es war meine Frau Hannelore wieder an Bord war, nahm sie den Gashebel, immer noch im Rückwärtsgang, gaaanz langsam zurück. Das Schiff, von den Moorings gezogen, ging dadurch nach vorn und ich konnte dann beide Moorings ganz einfach von den Bugklampen nehmen und ins Wasser werfen. So waren wir frei und fuhren aus der Box heraus.

Natürlich drehte sich das Paddelrad zur Messung der Bootsgeschwindigkeit nicht. Ist es verschmutzt? Nach einigen Metern Vollgas erschien eine Anzeige, die aber ein Drittel unter der GPS-Anzeige lag.  

Nach Verlassen des weitläufigen Hafenbeckens dann die nächste Überraschung. Der Magnetkompass, der Autopilot und Radar versorgt, zeigte einen Kurs von 45° aber der GPS-Kurs war 75°, also 20° Abweichung. Außerdem war der Autopilot höchst instabil und das Schiff lief ab und zu aus dem Ruder. Eine höchst unangenehme Situation, weil damit zu rechnen war, in der Dunkelheit der kommenden Nacht manuell nach Kugelkompass steuern zu müssen. Der Mond würde aber ganz gut scheinen und wie ein Leuchtfeuer zu benutzen sein und so wagten wir diese Aktion. Bis zum Morgen lief das Schiff noch einige Male aus dem Ruder, was aber sofort bemerkt werden konnte. Es wehte kaum Wind und dieser kam auch noch direkt von vorn. So musste die Maschine strapaziert werden.

2. Juni 2018

Eigentlich sollte die Cala Saona 38° 41,8′ N  1° 23,1′ E angelaufen werden. Als wir uns dieser näherten, es war schon hell, lagen dort einige sehr große und viele kleine Yachten. Gemäß der letzten Grib-Datei war der Wind für diese Bucht nur an diesem Tag ablandig. Am folgenden Tag, ein Sonntag sollte der Wind schon morgens um 180° drehen. Dann wäre dieser Ankerplatz sowieso zu unruhig. Also entschied ich mich, da ich gerade Wache hatte, das nördliche Ende von Formentera 38° 45,6 N  1° 25,9′ E anzulaufen und dort zu ankern.

Dieser Kurswechsel hatte zur Folge, dass der inzwischen aufgefrischte Wind seitlich einfiel und da war es dann endgültig vorbei mit der automatischen Steuerung. Der Autopilot wollte partout nur noch Kreise fahren, entweder links herum oder rechts herum. Wir hatten unwahrscheinliches Glück mit den Schwachwindverhältnissen in der Nacht gehabt.

Nachdem der Anker auf Sandgrund gefallen war, machte ich mich an die Technik und Hannelore ans Frühstück.

Erster Ankerplatz auf Formentera

Doch die an Bord befindlichen Unterlagen gaben nicht so viel her oder passten nicht mehr, weil inzwischen Updates gemacht worden waren. Das Internet lieferte dann die neuesten Handbücher für das Zeus 2- und das H 5000 System. Weil am Ankerplatz jedoch zu viel Unruhe herrschte wurde entschieden, erst am nächsten Tag die Systeme neu zu justieren. Die im Viertelstundentakt verkehrenden Schnellfähren zwischen Ibiza und Formentera verursachten viel zu viel Schwell, um präzise Einstellungen an der Ruderanlage vornehmen zu können. 

Badestrand
Viel Betrieb

 

3. Juni 2018

Morgens um 5:30 Uhr kam ganz plötzlich starker Wind auf. Es pfiff, Fockschot und Ausholer schlugen gegen Mast und Baum und der Schlitten der Selbstwendefock machte Lärm. Ich ging an Deck um die Leinen zu entspannen und den Schlitten festzuzurren. Nur noch wenige Schiffe lagen dort vor Anker. An Schlafen war nicht mehr zu denken, weil sofort auch Seegang aufkam und so beeilten wir uns, auf die Ostseite der Insel zu kommen, die vom Ankerplatz aus nach wenigen Meilen erreicht wurde. Dort wollte ich dann nach dem Frühstück die Sache mit dem Autopiloten, dem Fluxgate-Kompass und der Geschwindigkeitsanzeige regeln. Der Wind hatte inzwischen wieder abgenommen.

Die Ostseite von Formentera hat recht viele Seegrasflächen. Wir suchten eine Stelle auf 4 Meter Tiefe, die seegrasfrei war und fanden eine solche direkt neben einer anderen einsam dort liegenden deutschen Yacht. Auf den Balearen stehen die Seegraswiesen unter besonderem Schutz und es drohen mancherorts sogar Strafen, wenn man darin ankert.  Abgesehen davon hält der Anker auf Sand sehr viel besser.

Yachten in der Cala Tromantera

Nach dem Frühstück ging es dann zur Sache. Am Autopiloten wurden zunächst alle sogenannten Hafeneinstellungen vorgenommen. Anschließend ging es hinaus zur Seeerprobung. Draußen wurden erst mal Kreise gefahren, um den Kompass zu justieren. Der erste Kreis war zu schnell, erst der zweite passte und schon stimmten GPS-Kurs und Kompasskurs wieder überein. Als letztes wurde die mit dem Paddelrad gemessene Geschwindigkeit mit der GPS-Geschwindigkeit abgeglichen. Nachdem alles erledigt war, funktionierte der Autopilot wieder einwandfrei. Die Segel wurden gesetzt mit Kurs auf die Cala Tramontana auf Formentera. Es war leider nur ein kurzes Stück bei gutem Wind aus etwa 50 Grad, denn es war schon zu spät für größere Aktionen. Dort fiel der Anker auf 8 m Tiefe. Mit einer Flasche Wein wurde dann gefeiert, dass das Schiff nun endlich wieder gut manövrierbar war.

 

Technisch gesehen ist ein moderner Fahrtensegler ein höchst komplexes Gerät und man muss mit allem rechnen, vom verstopften Toilettenrohr bis zum Ausfall der Navigationssysteme, dazwischen gibt es noch jede Menge Anderes. Gut haben es die, die auf allen Komfort zugunsten der Zuverlässigkeit verzichten können, also kleines Schiff und alle Systeme mit Handbetrieb. Mit einem größeren Schiff geht das schon nicht mehr, da muss die Elektrik funktionieren. Ab 50 Fuß wird man ohne Elektrik wohl kaum noch die Segel setzen können und die Elektrik erfordert dann gleich eine entsprechende Infrastruktur. Mit Solarpanelen und Windgeneratoren ist es nicht mehr getan. Man braucht große Batteriebänke und einen Generator, der dann täglich je nach sonst noch vorhandenen Verbrauchern einige Stunden laufen muss.

Das alles instand zu halten ist eine permanente Aufgabe. Besonders nach einer Segelpause von einigen Monaten kann sich einiges verstellt oder verändert haben. Das könnte man zwar entsprechenden Werkstätten anvertrauen, die dafür auch dankbar wären. Auf See gibt es jedoch keine Werkstätten. Deshalb ist man gut beraten, alles möglichst immer selbst zu tun.

 

4. Juni 2018

Eigentlich ist die Cala Tramontana eine schöne Ankerbucht, sehr weitläufig und ruhig. Der Wind wehte gerade ablandig und sollte auch die nächsten Tage aus südlichen Richtungen kommen.

Wir verlassen die Cala Tramontana

Die Frage war bleiben oder weitersegeln. Wir entschieden uns fürs Segeln. Ziel war die Cala Llonga. Wir fuhren bei 10 Knoten Wind los, der sich dann aber auf permanent 20 Knoten steigerte. Auch der Seegang nahm zu.

noch war der Wind moderat

An der Cala angekommen mussten wir feststellen, dass diese kleine Bucht mit Yachten überfüllt war. Sie lagen dort in drei Reihen.  Seegang war zwar nicht vorhanden aber der Wind blies unablässig mit 20 Knoten von der Seite. Es war einfach zu gefährlich, mit unserem großen Schiff in den zwei vorhandenen engen Gassen zwischen den Yachten weiter in die Bucht vorzudringen. So kehrten wir um und richteten unsern Kurs nach Norden, doch in keiner einzigen der zahlreichen auf der Karte ausgewiesenen Ankerbuchten lag eine Yacht. Der auflandige kräftige Wind und der damit verbundene Seegang hatte sie alle vertrieben.

Erfolg hatten wir dann in einer Bucht gleich westlich von der Insel Tagomago auf 39° 2,27’ N  1° 36,7’ E. Sie hat auf der Karte keinen Namen, bietet aber bei südlichen Winden perfekten Schutz. Der Ankergrund bestand aus Sand mit spärlichem Bewuchs, jedenfalls an der Stelle wo wir anlandeten.

ruhige Ankerbucht bei Winden aus Süd, im Hintergrund die Insel Tagomago

Der Anker hielt sofort. Bei der Einfahrt in die Bucht muss man auf einige Felsen achten, die zum Teil nur wenige Zentimeter unter der Wasserlinie liegen. Hier wollten wir dann über Nacht bleiben. Zum Abendbrot wurde die elektrische Grillplatte angeworfen und es gab gegrilltes Gemüse mit Rindersteaks.

 

 

 

 

5. Juni 2018

Über Nacht hatte sich das Schiff gedreht. Sein Bug zeigte jetzt nach Norden. Das war in der Grib Datei vom gestrigen Tag nicht vorgesehen. Die aktuell neu heruntergeladene Datei zeigte diese Änderung dann aber an. Irgendwann sollte der Wind wieder südlicher kommen. Überhaupt ändert der Wind in dieser Gegend Richtung und Stärke extrem häufig. Grib Dateien konnte man höchstens einem Tag lang vertrauen. Das hatten wir auch schon im Jahr davor festgestellt. Wir wollten einen Tag hierbleiben und verschiedene Dinge in Ordnung bringen, z. B. das Dingi herausholen, das seit einem halben Jahr in seiner Heckgarage liegt. Beides, Schlauchboot und Garage hatten es dringend nötig gesäubert zu werden.

Um uns herum lagen drei weitere Yachten, darunter ein Amerikaner. Eine vierte Yacht, ein Holländer kam dann noch, verlies den Ankerplatz aber nach mindestens 5 erfolglosen Ankerversuchen.  Sein Anker wollte einfach nicht fassen.

Seltsamerweise bekam ich das Dingi nicht rückwärts auf den Einfädler. Das hatte im vergangenen Jahr immer reibungslos geklappt. Wir mussten es schließlich zu zweit auf die letzte Rolle heben, von der es immer gestoppt wurde, weil es vorzeitig nach hinten vor die Rolle kippte.

Es näherte sich ein Schlauchboot mit zwei netten Spanierrinnen, die uns darüber informierten, das dies kein Ankerplatz ist, weil sich hier eine große Posidonia Wiese ausbreitet, die unter Schutz steht. Rechts um das Kap herum nur 1,5 Meilen entfernt sei das Ankern erlaubt. Sie kommen wieder und wenn wir dann immer noch hier stehen wird das Boot fotografiert.

Was soll man da machen. Ich war mit dem Putzen noch nicht fertig, machte aber erst mal weiter, während sich die anderen Yachten vom Platz machten.

Nach etwa einer halben Stunde kamen sie tatsächlich wieder, als ich gerade dabei war die Heckgarage zu schließen. Sie berichteten dass der Amerikaner bereits ruhig in der anderen wunderschönen Bucht läge und dort die Ankertiefen zwischen 5 m und 10 m seien.

Dann sagten wir good bye und die Ankerwinsch bekam Arbeit. Ab und zu blockierte sie ganz. Offensichtlich hatte sich die Kette beim Schwojen um kleine Felsen gewickelt. Das Heben und Senken des Bugs im schwachen Seegang machte die Kette nach einigem Ruckeln wieder frei. Die Fahrt in die südlicher gelegene Ankerbucht dauerte dann wirklich nur ein paar Minuten. Die Bucht hieß Cala Negra, was wohl soviel wie schwarze Bucht bedeutet.

Tagomago im Osten
Nordseite
Westseite
Südwestseite
Südseite
weit gereist

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sie ist ringsum eingerahmt von hohen Felsen und nirgendwo gab es einen Zugang vom Land her. Vor dieser gewaltigen Kulisse wirkte die amerikanische Yacht von weitem wie ein kleines Schiffchen. Und da wollen wir hineinfahren und ankern? Wir taten es. Der Anker hielt erst beim zweiten Versuch auf 10 Meter Tiefe. Die Felswände schienen bedrohlich nah zu sein. Nach Gefühl vielleicht 60 Meter. Laut GPS und Karte waren es aber mehr als 100 Meter. Wir steckten praktisch in einem Loch. Unglaublich, Fernsehempfang war trotz der südlichen Felswand möglich. Internet konnte nur mit dem iPhone 7 empfangen werden. Dieses Gerät lieferte sogar einen zuverlässigen Hotspot, in den sich mehrere Nutzer hätten einloggen können. Der Yachtrouter micro von der Firma Locomarine und einer speziellen G4 Antenne auf dem 25 m hohen Mast brachte das Internet nur mit Unterbrechungen im Minutentakt.

 

6. Juni 2018

Ein scheußliches Klappern, morgens um halb sechs, machte mich wach. Aufstehen und nachsehen oder liegenbleiben das war jetzt die Frage. Schließlich ging ich an Deck und zog die Dirk straff. Diese ist an der Baumnock mit einem Patenthaken in einen Schäkel gehakt, damit sie schnell gelöst werden kann. Der Baum wurde am Vortag aber hoch gekippt, um das Bimini Verdeck aufspannen zu können. So schlug das Metall von Schäkel und Haken an der nun lose rumhängenden Dirk in der Dünung mit jeder kleinen Welle gegen den Baum. Danach war dann noch eine Stunde Schlaf möglich.  

Nach dem Frühstück ging es nur ein kleines Stück weiter. Ziel war die Ankerbucht Punta Grossa in 39° 4,8 N  1° 36,2 E. Der Wind blies mit etwa 10 bis 12 Knoten, also ganz moderat. Drei kurze Schläge gegen den Wind waren nötig. Die Cala San Vincente musste überquert werden. Mittendrin befindet sich eine Klippe, die aber mit einem “Einzelgefahr” Zeichen gekennzeichnet ist. Mit Klippen ohne Kennzeichnung muss auf den Balearen immer gerechnet werden. Diese befinden sich meist in Ufernähe, also Vorsicht beim Ankerplatz suchen.

San Vincente
gekennzeichnete Klippe unter Wasser in der Cala San Vincente

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Als wir gerade in den dritten Schlag wendeten war der Wind weg. Stattdessen zog eine Gewitterwand auf. Als der Anker in der Bucht bei 10 m Tiefe auf Sand gefallen war dauerte es nicht mehr lange. Blitz und Donner setzten sich durch und es goss wie aus Kannen. Eine Stunde hielt das an, ohne dass es besonders dunkel dabei war. Dann kam die Sonne wieder um das frisch gewaschene Deck zu trocknen. Aus den Dingi mussten etwa 10 Liter Wasser hinausbefördert werden.

Anfahrt auf Punta Grossa
unfertig
Regen nach einem Gewitter
beeindruckender Fels
kleine Grotte
Waschtag

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In dieser Bucht fiel die Kommunikation ganz aus, Handy und Yachtrouter schwiegen beide. Fernsehempfang mit der Satellitenantenne war jedoch möglich.

 

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