Korrosionsgefahr

Schäden an Ruderwelle und Propeller sind in der Regel sehr kostspielig. Manchmal sind damit auch noch Hotelaufenthalte verbunden, weil das Schiff zu Reparaturzwecken im Ausland aus dem Wasser muss. Um Schäden zu vermeiden, muss man wissen, wie diese entstehen können. Der folgende Beitrag beschreibt nur einige Prozesse und will damit anregen die Problematik so ernst zu nehmen, wie sie es verdient.

Grundlage

Werden zwei unterschiedliche Metalle, das eine edler als das andere, in ein Gefäß mit Salzwasser getaucht, ohne dass sie sich berühren, dann geschieht zunächst mal gar nichts. Genauer betrachtet löst das Salzwasser Atome aus den Metall-Oberflächen heraus. Ein Metall-Atom kann aber nur dann in Lösung gehen, wenn es vorher ein Elektron in dem Metallstück zurücklässt. Dadurch werden die gelösten Atome zu positiv geladenen Metall-Ionen, die frei in der Lösung schwimmen könnten. Gleichzeitig entsteht in dem Metall durch die zurückgebliebenen Elektronen eine negative Ladung.

Diese negative Ladung des Metalls zieht die gelösten Ionen an, damit sie nicht davon schwimmen. Sie können jetzt nur die Metalloberfläche bedecken. Auf diese Weise entsteht eine Schutzschicht, die tiefergelegene Atomschichten daran hindert in Lösung zu gehen. Der Vorgang ist eine Oxidation mit der sich das Metall schützt. Die mögliche Anzahl der in Lösung gehenden Ionen ist abhängig vom Material. Die sog. elektrochemische Spannungsreihe gibt Auskunft darüber. Je unedler das Metall ist, desto mehr Ionen werden von seiner Oberfläche in Lösung gehen können.

Verbindet man jetzt die beiden Metalle mit einem Draht, dann fließt in diesem ein elektrischer Strom. Es existiert nämlich ein Ladungsgefälle vom unedleren Metall mit der größeren Elektronenmenge zum edleren Metall mit der kleineren Elektronenmenge. Der Ladungsdruck im unedleren Metall ist größer und will sich ausgleichen. Der Elektronenabfluss aus dem unedleren Metall hat jetzt aber zur Folge, dass seine Ladung abnehmen würde. Das geschieht jedoch nicht. Zwar verlieren die Ionen in der äußeren Schicht ihre anziehende Gegenladung, weil diese in dem Draht als Strom abfließt und schwimmen davon. Auf diese Weise entsteht jedoch Platz für neue Ionen, die sich nur aus den tieferen Metallschichten heraus bilden können.

So entsteht ein kontinuierlicher Elektronenabfluß vom unedleren Metall zum edleren und gleichzeitig ein Ionenabfluß von der Oberfläche des unedleren Metalls, bis sich dieses vollständig aufgelöst hat. Es hat sich für das edlere Metall geopfert. Der Vorgang ist chemisch eine Reduktion und weil das unedlere Metall ständig positive Ionen abgibt, ist es elektrisch gesehen eine Anode. Die Elektronen werden vom edleren Metall zum weiteren Ladungsausgleich an den Elektrolyten abgegeben, in dem die positiv geladenen Ionen des unedleren Metalls schwimmen.

Systeme

Nach dieser Theorie kann ein Bronzepropeller, der auf einer Edelstahlwelle sitzt, geschützt werden. Beide Bauteile besitzen ein elektrochemisches Potential, das sich nur geringfügig unterscheidet. Doch im Salzwasser würde mit der Zeit auch der Bronzepropeller aufgelöst werden, wenn dieser ein elektrochemisch negativeres Potential als die Welle hat. Wird jetzt eine Zinkanode an das Metall von Propeller oder Welle angebracht, dann wirkt diese mit ihrem stärkeren negativen Potential sowohl für den Propeller als auch für die Welle als unedler Ionenlieferant. Propeller und Welle werden so geschützt, bis die Zinkanode völlig verbraucht ist. Die Zinkanode wird zum Schutz der wichtigen Bauteile geopfert.

isolierende Centaflex Kupplung

Wir haben es hier mit einer direkten Verbindung zwischen diesen Metallen zu tun, die miteinander verschraubt sind, was die Sache recht übersichtlich macht. Beim Einsatz einer Centaflex Kupplung würde es sich sogar um ein abgetrenntes System handeln. Bei dieser Kupplung besteht eine elektrische Isolation zwischen Getriebe und Propellerwelle, was mit Hilfe der Gummidämpfer erreicht wird. Bei Kunststoffbooten dürfte das eine perfekte Lösung sein. Sie ist es aber nur dann, wenn die Zinkanode regelmäßig gereinigt wird. Diese überzieht sich nämlich bald mit einer Oxidschicht und wird dann zunehmend unwirksam. In wärmeren Gewässern gibt es auch die sog. Kalkwürmer, die in Massen auftreten können und den ganzen Schiffsrumpf einschließlich der Opferanoden überziehen. Wenn das eintritt, dann wird der Propeller selbst zur Opferanode zum Schutz von Welle und Kiel. Die Zinkanode an derartigen Systemen sollte je nach Größe der eingesetzten Anoden mindestens alle drei Monate gereinigt werden.

Mir wurde schon geraten, die Centaflkex Kupplung elektrisch zu überbrücken, damit die Opferanode am Propeller elektrisch schneller korrodieren kann. Das würde dann die Isolierwirkung durch Kalkwürmer verhindern. Man kann sich hier wohl dazwischen entscheiden. Entweder die Opferanoden regelmäßig und oft zu putzen oder oder diese öfter auszuwechseln.

Weit häufiger sind jedoch nicht abgetrennte Systeme. Hierbei sind alle Metallteile eines Bootes, Rumpf, Kiel, Motor, Wellenanlage, Ruderwelle und selbst die Relingsstützen leitfähig miteinander verbunden. Diese Bootsmasse ist schließlich auch noch mit dem Minuspol der 12 V oder 24 V Gleichstromanlage verbunden. Dadurch wird es möglich, Opferanoden an ausgewählten Stellen anzubringen, um die hochwertigeren Metallteile eines Bootes schützen zu können. Solange diese elektrische Gesamtmasse des Bootes nicht mit der Masse anderer Boote verbunden ist, kann eigentlich nichts passieren. Jedes Boot für sich wirkt in seiner Gesamtheit dann wie ein in Salzwasser getauchtes Metall oder abgetrenntes System.

Eine neue EU-Norm fordert jetzt, dass die Gleichstromanlage eines Bootes mit dem Schutzleiter der Landstromversorgung zu verbinden ist. Doch dadurch entsteht über den Draht des Schutzleiters eine Verbindung zwischen dem eigenen Boot und den anderen Booten am Steg, denn diese besitzen ebenfalls eine Landstromverbindung mit Schutzleiteranschluss. Über diesen Draht des Schutzleiters gleichen sich dann bestehende Elektronenüberschüsse zwischen den Booten aus. Dumm nur, wenn die Metallteile des eigenen Bootes Elektronen im Draht und unter Wasser Ionen absondern und sich so für den Schutz der Metallteile eines Nachbarbootes opfern, weil diese in der elektrochemischen Spannungsreihe etwas edler sind.

Das kann nur verhindert werden, wenn der Schutzleiter der Landstromanlage von den Metallteilen des Bootes komplett getrennt ist. Gerade das wird jedoch durch die neue Norm verboten. Ein Ausweg besteht in der Verwendung von Trenntrafos, was allerdings aufwändig ist. Die Norm läßt noch die Verwendung sogenannter Galvanik Isolatoren zu. Diese trennen den Schutzleiter der Landstromanlage vom Minuspol der Gleichstromanlage des Bootes. Diese Trennung wirkt isolierend für alle Spannungen zwischen null und etwa 1,4 Volt. Für darüber hinaus gehende Spannungen besteht keine Isolationswirkung mehr, so dass die Schutzleiterfunktion im 230 V Netz erhalten bleibt. Galvanische Spannungsunterschiede liegen im Bereich der elektrochemischen Spannungsreihe, sind also kleiner als 1,4 V und können sich deshalb durch Stromfluss über den Schutzleiter nicht ausgleichen. Damit können dann auch keine Metallionen zu anderen Schiffen oder Metallbauten im Wasser abfließen.

Messtechnische Überprüfung

Es ist nicht einfach, galvanische Ströme an Bord eines Schiffes differenziert aufzuspüren. Man kann jedoch die Gefahr einer elektrochemischen Korrosion allgemein feststellen. Dazu muss das Landstromkabel abgezogen werden. Mit einem Voltmeter wird nun die Spannung zwischen den getrennten Schutzleitern an der Kupplung des abgezogenen Kabels und dem Bordanschluss gemessen. Hierbei bitte äußerst vorsichtig sein! Es darf nur zwischen den Schutzleitern gemessen werden! Die Spannung liegt meistens zwischen null und einigen hundert Millivolt.

Wichtig ist festzustellen wo der Minuspol der gemessenen Spannung liegt, denn dort besteht ein Elektronenüberschuss und positive Metallionen würden ins Wasser abgegeben werden. Würde der Minuspol am Schutzleiteranschluss des Landstromkabels liegen, dann besteht für das eigene Schiff keine Korrosionsgefahr. Liegt dieser jedoch am Schutzleiter des Bootes, dann werden seine Zinkanoden zum Schutz der Nachbarboote oder einer Spundwand in der Nähe aufgebraucht.

Als nächstes kann das Voltmeter auf einen Strommessbereich umgeschaltet werden. Ist das Boot mit einem Galvanik Isolator ausgestattet, dann fließen vielleicht einige Mikroampere Strom, was nicht problematisch ist. Fehlt dieser jedoch, dann können einige 10 mA fließen und wenn außerdem der Minuspol am eigenen Boot liegt, dann wären seine Zinkanoden schnell hinüber. In diesem Fall sollte besser kein Landanschluss hergestellt werden, wenn das Boot längere Zeit dort liegen bleiben soll.

Korrosion an anderen Stellen

Korrosionsprobleme gibt es nicht nur unter dem Schiff, sondern überall dort wo unterschiedliche Metallteile über Salzwasser, aber auch über Regenwasser in salzhaltiger Umgebung in Verbindung stehen. So erfordert auch das Rigg eine gewisse Aufmerksamkeit, Beispielsweise an den Enden der Salinge wo Edelstahl mit Aluminium in Kontakt kommen kann. Aber auch die Seewasserkühlung des Motors erfordert Beachtung und da ist es ganz wichtig, dass bei den jährlichen Inspektionen die Opferanoden auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft oder am besten gleich erneuert werden.

Fazit

Korrosion auf einem Schiff erfordert ständige Aufmerksamkeit. Es gibt vielfältige Korrosionsmöglicheiten, angefangen von denen, die jeder Bootsführer kennt bis zu unbekannten Erscheinungen, die sich erst nach genauerem Hinsehen als Folge eines Korrosionsereignisses entpuppen. Die Folgen können nicht nur kostspielig sein, sie können auch die Sicherheit der Crew und des Schiffes beeinträchtigen. Ein ganz spezieller Fall, der aber nur Schiffe mit Wellenantrieb in wärmeren Gegenden betrifft wird in dem Beitrag PSS Shaft Seal behandelt.

 

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