Start der Reise
21.7.2016
Nach dem Frühstück hieß es Leinen los und zur Tankstelle. In den Zusatztank passten noch 230 l Diesel. Die erste Strecke sollte nicht zu weit sein. Vielleicht nur bis Saßnitz zum Angewöhnen für die Mitsegler. Es ging dann aber doch noch weiter. Ab Kap Arkona kam der Wind dann mit nur noch mit 8 Knoten, aber platt von hinten. Mit der Standardbesegelung konnte keine ausreichende Fahrt mehr erreicht werden. Deshalb wurde der Parasailor ausgepackt. Damit waren wir dann fast so schnell wie der Wind selbst und schafften es in kurzer Zeit bis Hiddensee. Um 8:30 Uhr fiel der Anker am Dornbusch auf der Leeseite der Insel in Gesellschaft von zwei weiteren Seglern.
22.7.22016
Früh um 6 Uhr wehte noch ein Wind aus Osten. Also schnell den Parasailor hoch. Doch kaum geschehen drehte der Wind auf Süd und flaute auch noch völlig ab. Es half nichts. Der Parasailor wurde wieder eingepackt und die Maschine gestartet. Erst auf der Länge von Rostock erlaubte eine Backstagsbrise von 8 Knoten, dass wieder gesegelt werden konnte. Doch ausgerechnet im Fehmarnbelt, der normalerweise windigsten Ecke auf der ganzen Ostsee flaute der Wind ab und blieb unter 4 Knoten. Mit langsamer Fahrt ging es so um die Westküste Fehmarns.
23.7.2016
Morgens um 5 Uhr war totale Flaute. Da ich selbst gerade Wache hatte, wollte ich die Maschine nicht starten um den Mitseglern noch eine Mütze Schlaf zu gewähren und ließ das Boot zunächst dahindümpeln. Um 8 Uhr wurde die Maschine aber doch gestartet und es ging nach Kiel-Holtenau zum Einschleusen in den Nord-Ostsee Kanal.
Inzwischen hatten sich schon zahlreiche Spotboote auf dem Warteplatz eingefunden. Weißes Blinklicht auf dem Signalmast der Schleuse gab dann das Signal. Alle gaben Gas im Kampf um die linke Seite der Schleusenkammer, weil dort der kleinere Frachter lag, der beim Ausfahren den kleineren Propellerstrudel verursachen würde. In der Schleusenkammer vor uns hatte ein etwa 10 m langer Segler aus Schweden festgemacht. Auf die Frage wohin er denn reisen wolle kam die Antwort „around the world“.
Mit 7,5 Knoten Geschwindigkeit dauerte die Kanalfahrt nur 7 Stunden. Nach der Ankunft in Brunsbüttel hatten wir das Glück sofort ausgeschleust zu werden. Die Fahrt ging dann weiter in Richtung Helgoland.
In der Elbemündung herrschte gerade ablaufende Flut. Die Strömung erreichte zeitweise Spitzenwerte von 3,5 Knoten und so wurden mit einer Fahrt von 7 Knoten durchs Wasser Geschwindigkeiten von bis zu 11 Knoten über Grund erreicht, die uns dem Ziel schnell näher brachten. Doch dann war es wieder aus mit Wind und Strömung und Helgoland noch 10 Seemeilen entfernt. Es war schon spät und die Müdigkeit groß. Die Maschine wurde gestartet. Helgoland wurde schließlich um 2 Uhr nachts erreicht. Der Anker fiel auf der Reede zwischen den Inseln.
24.7.2016
Der Hafenmeister von Helgoland „bat“ uns frühmorgens, unseren Ankerplatz auf die nördliche Seite der Reede zu verlegen, weil bald die Touristenschiffe ankommen und die Fahrgäste ausgebootet werden müssen, wobei wir dann im Weg wären. Wir verlegten unseren Ankerplatz um etwa 1000 m nach Norden.
Nach dem Frühstück wurde das Dinghi für eine Erkundungsfahrt klargemacht. Die beste Anlandungsmöglichkeit war der Nordosthafen, denn man war sofort im Einkaufszentrum der Insel. Die vielen Zigarren- und Schnapsläden sind dem Umstand geschuldet, dass Helgoland außerhalb der Dreimeilengrenze liegt und da fällt die Mehrwertsteuer weg.
25.7.2016
Ein Hafentag in Helgoland mit Restaurantbesuch und Einkaufen war angesagt. Angelandet wurde mit dem Dinghi. Vier Erwachsene, ein Kleinkind, eine zusammengeklappte Kinder-Sportkarre und vier Einkaufstaschen waren kein Problem für das nur 2,9 m lange Schlauchboot von AB mit seinem 15 PS Außenborder.
26.7.2016
Nach dem Frühstück wurde der Anker gelichtet. Mit nördlichem Kurs fuhren wir zwischen den Inseln hinaus auf die Nordsee. Obwohl der Wetterbericht Flaute prophezeit hatte, ging es die ersten 10 Meilen zügig am Wind voran. Dann aber bekamen die Wetterfrösche doch noch Recht und gegen Mittag musste die Maschine gestartet werden.
Der Kurs war zunächst West, nördlich des küstenfernen Verkehrstrennungsgebiets. Dieses wurde auf etwa 6° östlicher Länge in Südrichtung überquert. Weiter ging es dann mit einem Kurs von etwa 250 Grad. Die Nachtwache hatte zu tun, Windparks, Fischerboote und ein in der Dunkelheit völlig unbeleuchtetes größeres Radarziel zu umschiffen. Etwa eine verlassene Bohrinsel? Um 3:30 Uhr konnten dann bei leichterer Brise aus Süd endlich wieder Segel gesetzt werden. Das Rollen des Schiffes in der Dünung hatte endlich ein Ende und wurde von einer leichten Krängung nach Steuerbord abgelöst.
Ein Bolzen fällt heraus
27.7.2016
Der Wind wurde stärker, die Geschwindigkeit nahm zu und die Schiffsbewegungen auch. Schließlich wehte es ständig mit 19 Knoten und die Böen erreichten 35 Knoten. Es ging flott voran, doch um 16 Uhr passierte es. Mit einem Knall riss die Fockschot den Schlitten von der Selbstwendeschiene ab. Die jetzt am Schothorn hängenden Trümmer schlugen wie wild um sich. Eine sofortige Drehung vor den Wind konnte nicht verhindern, dass die Bruchstücke des zerbrochenen Schlittens einige Schlitze ins Segel rissen. Das schließlich nach vorn auswehende Segel wurde eingerollt und die Maschine gestartet.
Neuer Kurs war der Hafen von Vlieland. Er war die dichteste Verbindung, aber immer noch knapp 30 Seemeilen entfernt. Mit dem Satellitentelefon wurde Hanseyachts von dem Vorfall unterrichtet. Glücklicherweise wehte es aus Südwest. Ein auflandiger Wind hätte die Fahrt durch das Seegatt zwischen den Inseln Vlieland und Texel bei gerade ablaufender Flut recht abenteuerlich gestalten können. Nach Umrundung der Nordspitze von Vlieland kam der Hafen in Sicht. Der Wasserstand war aber schon zu weit gefallen und die Einfahrt in den Hafen gesperrt. So ging es dann im Schutz der Insel auf Reede.
Hier wurde der Schaden besichtigt. Der zweiteilige Schlitten hat auf einer Seite einen Bolzen verloren. Eine Sicherungsschraube war herausgefallen. Dadurch hielt nur noch die zweite Seite und diese hat dem starken Wind auf der Nordsee nicht mehr standgehalten. Fotos wurden angefertigt und an Hanseyachts geschickt.
28.7.2016
Herr Zachäus von Hanseyachts meldete sich und teilte mit, dass ein neuer Schlitten per Express zum Yachthafen Hindeloopen am Ijsselmeer geschickt wird, weil dort auch ein Segelmacher zu finden ist.
Also Fahrt durch das Wattenmeer. Bis Harlingen ist der Wasserstand auch bei Ebbe hoch genug. Von Harlingen bis zur Nordschleuse ins Ijsselmeer fällt der Wasserstand bei Ebbe bis auf 1 m ab. Wir fuhren so, dass wir Harlingen bei maximaler Flut erreichten und kamen dann schnell zur Nordschleuse. Nach der Schleusung ging es mit 5 Knoten Maschinenfahrt nach Hindeloopen.
Der Yachthafen dort ist riesengroß. Wir legten erst einmal an der Tankstelle an, um unseren Dieselvorrat zu ergänzen und stellten fest, dass die Maschine recht sparsam ist. Überschlagsmäßig wurde nur ein Liter Diesel pro Meile verbraucht. Der Hafenmeister wies uns einen Platz in einer 20 m Box zu. Beim Rückwärtsanlegen war das Ruder auf einmal merkwürdig schwergängig. Das konnte nur bedeuten, dass es im Schlamm rührte. Also wieder raus aus der Box und vorwärts rein. Ein kleiner Seitensteg ermöglichte das bequeme Ein- und Aussteigen ohne dass unbedingt rückwärts eingeparkt werden musste.
Eigentlich sollte es ja an der englischen Südküste entlang gehen. Dieser Zwischenfall führte zur Änderung des Plans. Nun war die französiche Küste das Ziel.
29.7.2016
Es ist Freitag. Der Segelmacher wollte sich der Sache gleich annehmen. Nach Besichtigung des Schadens war klar, dass für die Reparatur von Membransegeln in Hindeloopen keine Möglichkeiten bestanden. Das Segel musste zur Firma Northsail, die etwa 15 Autominuten entfernt lag. Der Segelmacher wollte sich darum kümmern. Leider stand das Wochenende bevor und viele der Mitarbeiter hatten Urlaub. Das Ende der Reparatur war also frühestens am Montag oder Dienstag zu erwarten. Wir mussten eine Zwangspause einlegen und feststellen, dass uns der Vorfall eine Woche Zeit kosten wird. Glücklicherweise entpuppte sich Hindeloopen als netter Ort wo man durchaus seinen Urlaub genießen konnte.
Schlimmer geht immer
2.8.2016
Gestern am Montag kam das Paket mit dem neuen Schlitten, der dann sogleich auf der Selbstwendeschine aufgebaut wurde. Heute kam die Nachricht von der Anlieferung des Segels. Der Wind kam günstig, so dass wir das Segel gleich anschlagen konnten. Um 13:00 verließen wir die Marina über das Ijsselmmer in Richtung Den Helder. Ein holländischer Segler, der vor der Schleuse mit uns im Päckchen lag, empfahl uns die Marina auf der Insel Texel. Die Marina in Den Helder wäre nur für kleine Schiffe geeignet. So nahmen wir Kurs auf Texel. In der Marina angekommen mussten wir akzeptieren, dass dort kein Platz war. Gerade als wir die Marina wieder in Richtung des vorgelagerten Werkhafens verlassen wollten, passierte es. Das Bugstrahlruder versagte seinen Dienst. Sein Motor heulte zwar auf aber die Propeller drehten sich nicht. Der Wind blies mit 16 Knoten und es nieselte. Der einzige Platz, an dem wir noch anlegen konnten waren drei Dalben im Werkhafen neben der Einfahrt zu Marina. Ein Landgang war von dort aus zwar nicht möglich, aber außer einem Platz an einer dreckigen Pier, ebenfalls mit auflandigem Wind und den Gezeiten ausgesetzt gab es keine andere Möglichkeit. Für Mittwoch und Donnerstag war Regen und stürmisches Wetter angesagt. Ohne Bugstrahlruder und Wind von 20 Knoten, in Böen bis 35 Knoten, würde es keine Möglichkeit geben, diesen Platz verlassen zu können. In einer E-Mail wurde der HanseYachts Vertrieb von dem Ereignis informiert.
3.8.2016
Am Vormittag wurde zunächst der Motor des Bugstrahlruders abgebaut. Hier waren jedoch keine Auffälligkeiten zu entdecken, der Keil steckte ordnungsgemäß und unbeschädigt in der Welle. Um auszuschließen, dass die Propeller gebrochen waren, kam von Hanseyachts der Vorschlag dieses zu kontrollieren. Wir hatten einen Freediver an Bord, mit dessen Hilfe diese Inspektion durchgeführt wurde. Nach dem Tauchgang war klar, dass ein Getriebeschaden vorliegen muss, denn die Propeller ließen sich mit dem Finger drehen. Zur Reparatur muss das Schiff jedoch aus dem Wasser.
Noch aber ging gar nichts. Wir lagen wieder einmal fest und das noch ohne Verbindung zum Land und mussten auf besseres Wetter warten. Bestimmt ist auch diesmal wieder nur eine Schlamperei schuld an allem. Schrauben sind nicht festgedreht, Sicherungssplinte fehlen oder Schäkelbolzen sind weder festgezogen noch mit einem Kabelbinder gesichert. Als vor wenigen Tagen erst die Fock abgeschlagen wurde, war der Schäkelbolzen am Kopf des Segels schon einige Gewindegänge herausgedreht. Wäre der Schlitten nicht abgerissen, dann wäre einige Zeit später die Fock von oben gekommen. Allerdings ist dieses Bugstrahlruder schon das Zweite auf diesem Schiff. Beim Ersten ist dem Monteur von Quick beim Aufsetzen des Motors der Keil aus der Welle gefallen und lag in dem Raum zwischen den Flanschen. Durch Reibung hatte es sogar einige Zeit funktioniert. Wir waren gespannt, was jetzt wohl abgefallen war.
5.8.2016
Es geht los. Ziel der nächsten Etappe war Calais in Frankreich, ein etwa 200 Seemeilen langer Ritt. Früh morgens mit ablaufender Flut sollte es durch das Schulpengatt am besten gehen. Ohne Bugstrahlruder von den Dalben wegzukommen auf die uns der Wind drückte war die erste Aufgabe und wurde mit einem kurzen Heckstrop um den an Steuerbord achtern liegenden Dalben gelöst. Rückwärtsfahrt drückte den Bug weg und dann ging es mit Vorwärtsfahrt davon.
Volle Nordsee
Die Fahrt an der holländischen und belgischen Küste entlang war wie ein Trip durch einen Schiffsfriedhof. Ein Ankerfeld löste das nächste ab. Dem Tiefgang nach zu urteilen waren die Schiffe leer. Offensichtlich sind die Schiffe auf der Nordsee geparkt bis für sie wieder bessere Zeiten anbrechen. Waren es keine Ankerfelder, die im Weg lagen, dann waren es riesige Windparks. Nachtwache auf der Nordsee ist damit kein leichter Job. Hinzu kommt, dass man die Strömung nur 6 Stunden auf seiner Seite hat. Sobald diese kippt und der Strom von vorn kommt vergrößert sich der Wendewinkel. Man hat den Eindruck, nach jeder Wende nur hin und zurück zu fahren und gar nicht weiterzukommen. Am 6. 8. um 15:30 liefen wir in den Hafen von Calais ein.