Sardinien Ost und Süd

Ankerbucht G. Di Carbonara an der südöstlichsten Ecke von Sardinien

 

22. Juni 2019

Bis um fünf Uhr war die Nacht ruhig. Dann trommelte es auf das Deck. Regen. Da im Salon eine Luke weit geöffnet war, stand ich auf, diese zu schließen. Der Fußboden war schon etwas nass geregnet. Anschließend legte ich mich wieder hin. Vielleicht konnte man ja noch eine Stunde schlafen. Doch daraus wurde nichts. Der Regen hörte auf und wurde durch ein Heulen abgelöst. Wind kam auf, der immer noch vom Land her wehte aber auch ziemlich heftig war.

Ich stand auf und suchte auf der Karte ein neues Ziel. Geeignet schien die Bucht PORTO DELLA TAVERNA, die nur 8 Seemeilen weiter südlich lag. Dort könnten dann die Dinge, die sich im Laufe der letzten Woche angesammelt hatten, erledigt werden. Wasser musste produziert werden und Wäsche war zu waschen. Auch das Deck musste gereinigt und die Fender geputzt werden. Der Regen am frühen Morgen war kein Wasser gewesen, sondern eine schmutzige braune Brühe. Außerdem war wieder mal eine Toilette dran. Das Wasser lief zurück ins Becken. Das Rückschlagventil musste gewechselt werden, wieder mal.

Um halb sieben war der Wind völlig weg. Ich ging Anker auf und schlug den Kurs auf die neue Bucht ein. Irgendwie ist man im Norden und Nordosten von Sardinien ständig von Land umgeben. Nur einige Lücken zwischen den Felsen gestatten einen schmalen Blick aufs offene Meer. Das liegt an den vielen Inseln in diesem landschaftlich wunderschönen Gebiet. Es ist seglerisch aber auch sehr anspruchsvoll. Die Winde wechselten an manchen Tagen beinahe stündlich sowohl ihre Richtung als auch ihre Stärke.

Flag of New Zealand.svg
Nationale von
Neuseeland

In der Buckt ankerten schon zahlreiche Schiffe. Wir suchten uns einen Platz etwas weiter draußen. Der Anker hielt und wir begannen, die anstehenden Dinge zu erledigen. Bis zum späten Nachmittag drehte sich der Wind um mehr als 360 Grad und auch seine Stärke schwankte zwischen Flaute und Windstärke 5, in Böen 6. Wir ankerten etwa 100 m links und ebenso weit hinter einem Segler aus Neuseeland. Der lag dann auf einmal neben uns. Sein Anker hatte nicht gehalten. In Aranci ist uns das ja ähnlich ergangen. Diesmal hatten wir gut 50 m Kette draußen und das Schwojenbild zeigte, dass wir fest waren. Eine Stunde später herrschte fast wieder Flaute.

23. Juni 2019

Die Nacht war ruhig und wir fanden beide einen guten Schlaf. Wie oft sich der Wind in der Nacht gedreht hatte, war nicht bekannt, jedenfalls lagen wir mit dem Heck in die Bucht hinein und ich konnte ein paar Fotos machen.

Das Wasser, das ich am Tag vorher produziert hatte, ging durch Wäsche waschen, Schiff reinigen und Duschen fast wieder drauf. So musste ich den Wassermacher auch an diesem Tag wieder in Betrieb nehmen, denn noch war eine Ladung Wäsche zu waschen. Die Anzeige stand auf 70%, also waren noch etwa 550 Liter Wasser im Tank. Das Netzteil machte sich dabei bezahlt, denn der Wassermacher nahm jetzt seinen Strom aus den 230 V des Generators und nicht aus der Batterie, was deren Ladezeit erheblich verlängert hätte.

Trotzdem habe ich ein Problem mit dem Batterieladegerät. Es ist ein 100 A Lader, der nur 2 Minuten lang mit diesem Strom lädt, der dann auf 50 A zurückgeht. Um genau das festzustellen, weil ich schon immer einen Verdacht dieser Art hatte, hatte ich mir noch in Deutschland ein Zangenamperemeter zugelegt. In der gesamten BULK-Phase muss das Ladegerät eigentlich mit maximalem Konstantstrom laden und der beträgt 100 A. Ein Mitarbeiter der Herstellerfirma in Holland wusste auch keinen Rat. Er meinte nur, dass ich dasselbe am Landstrom verifizieren solle, denn manche Generatoren bringen die erforderliche Leistung nicht auf. Mein Panda besitzt eine Leistung von 10 kW. Wenn er nur die Batterien laden soll, läuft er fast im Leerlauf. Ich konnte das Gesagte nicht glauben.

24. Juni 2019

Cala Canone

Es sollte weitergehen, die Ostseite Sardiniens herunter um dann an der Südküste den richtigen Zeitpunkt bzw. den richtigen Wind abzuwarten, um die Rückreise über die Balearen anzutreten. Vor einigen Tagen waren noch Neapel und Sizilien ins Visier geraten. Doch die eingetretenen Zeitverzögerungen von zwei Wochen vor dem Start in Alikante und die Woche in Olbia machten das zunichte. Mein Vater feiert im September seinen 100. Geburtstag und da müssen wir einfach zurück sein.

Die Ostseise Sardiniens bietet nicht so wahnsinnig viele Highlights. Die erste Etappe galt Cala Canone. Dort gibt es die berühmte Grotta del bue Marino. Das sind Unterwasserhöhlen, die auch mit dem Dingi befahren werden können. Das Ziel wurde nach 40 Seemeilen am Abend erreicht. Wind war wieder mal Fehlanzeige. Maximal wurden 5 Knoten aus Norden gemessen, also genau von hinten und so mussten wir die ganze Strecke motoren. Wir ankerten schließlich direkt vor der Ortschaft. Vor der kleinen Marina lagen massenhaft kleine Schlauchboote für die Touristen bereit, die am nächsten Tag dann an diese vermietet werden. 

25. Juni 2019

Die weitläufige Bucht bot nach Osten hin keinerlei Schutz, aber gerade von dort rollte Dünung hinein und lies das Schiff kräftig schaukeln, weil der Wind von Nord kam und die Dünung uns dadurch genau seitlich traf. Das begeisterte nicht und die Nacht war dann auch schnell zu Ende. Wir hatten keine Lust mehr, das Dingi aus der Heckgarage zu holen um der Grotte einen Besuch abzustatten wir gingen frühzeitig Anker auf und machten uns weiter in Richtung Süden.

Zephir am Anker

Wir hatten 80 Meilen vor uns. In der Marina di Villasimius gab es eine Tankstelle, in der wir eventuell unsere Dieselvorräte ergänzen könnten, denn wir mussten die ganzen 80 Meilen wieder mit Motor zurücklegen. Bis ungefähr fünf Meilen vor Erreichen unseres Ziels wehte überhaupt kein Wind. Der frischte dann aber kräftig auf und erreichte am Kap der Halbinsel Villasimius eine Stärke von 5 Bft mit Böen von 6 Bft.
Der weitläufige Ankerplatz bot besten Halt auf Sand. Bewuchs gab es nur spärlichen. Wir ankerten auf 9 Meter Tiefe. Die Nacht über wehte der Wind mit unverminderter Stärke und bei jeder Bö knarzte die Kettenkralle, als ob sie reißen will, aber sie ist stabil genug.

26. Juni 2019

Blick aus einem Bistro in der Marina

Das Dingi wurde klargemacht. An Land soll es einen kleinen Supermarkt geben. Die Vorräte an Frischobst mussten aufgebessert werden. Außerdem wurde Butter gebraucht und frisches Brot. Ein Ort war allerdings nicht gleich zu finden, dafür ein Campinglatz. Doch in der Marina gab es alles, was man brauchte. Ein Minimarkt, zwei Bistros und ein Restaurant. Außerdem konnte man auch seinen Müll loswerden. 

Auffällig gegenüber den Balearen ist, dass die Ankerbuchten sowohl in Korsika und auch in Sardinien viel größere Ausmasse haben. Die Schiffe stehen nicht so eng beieinander und  können besser schwojen, ohne den Nachbar gleich zu bedrängen. Allerdings steht die Hochsaison noch bevor, was am Wetter auch erkennbar wird. Immer weniger Wind, immer weniger Wolken und immer höhere Temperaturen. An diesem Tag wurden z. B. 33 Grad gemessen.

Der Wind kam aus Westen, und das sollte bis Sonntag auch so bleiben. Erst dann sollte er auf Osten drehen. Vorhergesagt waren für den Sonntag Windstärken von etwa 12 Knoten zwischen Sardinien und den Balearen. Also hieß es noch zu warten, denn die 250 Seemeilen lange Strecke unter Maschine abzureiten würde keine Freude sein.  So machten wir einige Dingiausflüge, gingen Baden und probierten die Restaurants in der Marina aus.

29. Juni 2019

Drei Tage in dieser schönen Bucht waren dann auch genug. Wäsche war inzwischen auch gewaschen und getrocknet. Wir gingen Anker auf, um ein Teilstück an die Südwestküste zurückzulegen, obwohl der Wind noch von dort kam. Es musste also mit Maschinenkraft gefahren werden. Es waren dann aber doch noch zwei Stunden unter Segeln drin, allerdings mit recht schwachen Winden unter 10 Knoten.

Am späten Nachmittag fiel der Anker bei Teulada in einer landschaftlich sehr schönen Bucht in 38°53,3’N 8°49,51’E. Kurz vorher waren wir an langgezogenen Sandstränden vorbeigefahren, vor denen auch immer wieder Boote ankerten.

30. Juni 2019

Der Wind sollte, gemäß der Vorhersage schwach aus Ost wehen. Tat er aber nicht, er kam aus Nord und war sogar recht frisch. Nachdem der Anker oben und die Segel gesetzt waren, wurde Kurs auf Mallorca aufgenommen. Man musste noch aufpassen, weil sich überall Fangkörbe der Fischer befanden. Sie waren gekennzeichnet mit einer kleinen Fahne an einem Schwimmer, der meist aus einem leeren 5 l Kanister bestand. Wenn so ein Ding in den Propeller kommt, dann ist Tauchen angesagt, um sich wieder zu befreien. Das kann in der Nacht oder bei Seegang eine sehr unangenehme Geschichte werden.

Doch die Sicht war gut und die See glatt. Der Wind drehte immer mehr nach Osten und nahm dabei ab. Da der Autopilot auf Windsteuerung eingestellt war, fuhren wir einen weiten Bogen um die Südwestküste von Sardinien herum. Irgendwann wurde der Kurs zu weit nordwestlich und musste korrigiert werden. Dadurch kam der Wind, der inzwischen auf sechs Knoten zurückgegengen war, mit 5 bis 6 Knoten platt von hinten. Damit war Segeln unmöglich geworden. Die Maschine wurde gestartet und die nur noch schlapp herumbaumelnden Segel wurden eingerollt.

So ging es dann bis zum Abend. Dann nahm der Wind wieder etwas zu und pendelte zwischen 7 und 11 Knoten, aber immer nur direkt aus Osten. Wir beschlossen deshalb, das etwas nördlicher liegende Menorca anzulaufen, weil dann der Wind etwas schräger einfällt und wenigstens ein bisschen Fahrt dabei herauskommt, denn nichts ist schlimmer als mit nur 2 Knoten Fahrt auf dem offenen Meer herumzudümpeln. So gab es wenigstens ein bisschen Fahrt zwischen 3 und 5 Knoten und das die ganze Nacht durch, doch der Kurs war infolge der eingestellten Windsteuerung ziemlich weit nach Norden ausgewichen.

1. Juli 2019

Am Morgen war der Wind dann endgültig weg. Es half nichts, die Maschine musste gestartet werden. Wir fuhren dann mit 7 Knoten in direktem Kurs auf Menorca zu. Die Sonne stieg und es wurde heißer. Eine Kühlung durch den Fahrtwind war Fehlanzeige, weil es Wind nur platt von hinten mit etwa 6 Knoten gab. Damit konnte man höchstens ganz langsam nach Norden oder Süden segeln. An Bord herrschte praktisch Windstille bei 30 Grad oder mehr.

Plötzlich gab es einen langgezogenen Piepton. Auf dem Display des Autopiloten stand „Zu heiß!“, auch das noch. Die Navigationselektronik wurde abgeschaltet und das Ruder erstmal manuell besetzt. Was war hier zu heiß? Die Plotter Elektronik oder der Rechner des Autopiloten, der in einer Backskiste eingebaut war. In der Backskiste war es nicht zu heiß. Die Bildschirme konnten mit der Hand jedoch nicht mehr berührt werden. Man konnte praktisch Eier darauf braten und zwar auf beiden, obwohl der Backbordseitige überhaupt nicht eingeschaltet war.

Es mussten also die Plotter sein, die zunächst mit einem nassen Handtuch abgedeckt wurden. Wie nur soll ein modernes Schiff, das mit Kartenplottern ausgerüstet ist, in tropischen Revieren operieren können, wenn in diesem Klima die Elektronik nicht mehr mitmacht? Nach einer halben Stunde wurde die Navigationselektronik wieder eingeschaltet. Die Handtücher wurden den ganzen Tag lang regelmäßig neu angefeuchtet. Die Meldung „Zu heiß!“ kam dann auch nicht mehr wieder.

Die Nacht hindurch änderte sich an den Windverhältnissen nichts mehr. Die Maschine machte Lärm, bei dem man aber in der Bugkabine noch schlafen konnte, weil die weit genug davon entfernt und das Meer ruhig war. Leider konnten zusätzlich zur Maschine keine Segel zur Stützung gesetzt werden. Und so rollte das Schiff in der Dünung, die aus Südost kam.


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